Scheunenbrand am 20. August 1946 | Ein Erlebnisbericht von Walfried Engmann – seit 1964 wohnhaft in Schönau-Berzdorf.
Am Abend des 20. August 1946 gab es gegen 21:00 Uhr in der Gemeinde Feueralarm. Vom Grundstück Bruno Häser im Oberdorf sah man durch die großen Bäume am Schloss die hohen Flammen des Feuers.
Seit 06. August war ich erst Bürger der Gemeinde Deutsch-Paulsdorf und wohnte und arbeitete beim Landwirt Häser. So eilte ich mit zur Brandstelle als Helfer der FFw. Die Scheune war gefüllt mit Getreide und die Flammen schlugen bereits durch das Dach. Es war das Getreide der Neubauern, alles Roggen. Ihre erste Ernte, die auf dem Bodenreformland geerntet wurde und in dieser Scheune eingelagert war – geschätzt von ca. 200 Morgen.
Nun standen Familienangehörige der Neusiedler in der Nähe des Feuers und sahen mit Tränen in den Augen, wie ihre erste Getreideernte – ihr Brotgetreide – den Flammen zum Opfer fiel. Auch die Nachbarwehr Gersdorf kam zur Hilfe und zum Einsatz.
Im angrenzenden Gebäude befand sich die erst neu eingerichtete Werkstatt des Stellmachermeisters Paul Schmidt, früher in Wilke bei Seidenberg, deren Maschinen ebenfalls gerettet werden mussten. Ein Siedler gab der Löschmannschaft Anweisungen, wohin gespritzt werden sollte. Er wurde später verdächtigt, der Brandstifter zu sein. Bemerkenswert war, dass 2 Siedler ihr Getreide in der Nachbarscheune eingelagert hatten, dazu gehörte der spätere Verdächtige.
Nun wurde auch nach der Polizei gerufen, d.h. nach dem Abschnittsbevollmächtigten. Es war damals der Genosse Heer. Er hatte sein Quartier in der Feldschenke bei Fam. Ludewig, war aber zur Zeit des Feuers nicht antreffbar.
Gelöscht wurde mit der TS 8, welche die Gemeinde Deutsch-Paulsdorf im Jahr 1944 vom Feuerlöschgerätewerk Görlitz (früher Firma Fischer) neu erhalten hatte. Wehrleiter war damals der 51-jährige Landwirt Ernst Bär. Bürgermeister war zu dieser Zeit der Landwirt Kurt Grabsch.
Neben Brotgetreide fehlte nun auch Saatgetreide für die Neuansaat im Herbst 1946. Durch eine Solidaritätsaktion und gegenseitige Hilfe wurde Getreide im Kreis Görlitz gesammelt. Für die Organisation setzte sich der Siedler Erich Herrmann ein. Wie mir bekannt ist, erschien am darauffolgenden Tag ein Offizier der Sowjetischen Kommandantur aus Görlitz zur Schadenbesichtigung. Dass dies Brandstiftung war, stand bald fest.
Nun ein anderer Vorfall:
Vor Weihnachten wurde der Familie Paul Scholz ihre einzige Gans gestohlen und wie bekannt wurde, bot man diese geschlachtete Gans einem Gerichtsangestellten am Kreisgericht in Görlitz an, obwohl dieser Anbieter selbst keine Gänse in seiner Viehhaltung (lt. Viehzählung) besaß.
Im Februar/März 1947 erschien ein Polizist der Kripo Görlitz, um den verdächtigen Bürger festzunehmen. Der Verdächtige war zu diesem Zeitpunkt beim Bürgermeister Grabsch, und so soll er geantwortet haben: “Was, Sie wollen mich festnehmen, so muss ich erst mal nach Hause mich umziehen und Geld einstecken.”
Er ging voraus und lief praktisch dem Kripo-Mann davon. So flüchtete er per Fuß durch den Wald zum Bahnhof Gersdorf. Am anderen Morgen war er in der Bahnhofshalle in Görlitz und bat dort einen Paulsdorfer Bürger, der mit dem Zug eintraf, um Geld. Er wusste allerdings nicht, dass dieser Bürger vor der Polizei flüchtig war. Also ist es zu keiner tatsächlichen Festnahme gekommen. Der Verdächtige wusste ja nicht, ob die Polizei wegen dem Scheunenbrand oder dem Gänsediebstahl gekommen ist.