Das Jahr 2012 bringt eine Anzahl von Neuregelungen für den Steuerbürger mit sich. Neben einer Übersicht über die wichtigsten Änderungen sind nachfolgend Tipps zum verschobenen Start der “Elektronischen Lohnsteuerkarte” zusammengestellt.
Kinderbetreuungskosten werden ab dem 1. Januar 2012 nur noch einheitlich als Sonderausgaben berücksichtigt. Die Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Aufwendungen gibt es dann nicht mehr, womit auch die bisherigen persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern entfallen. Unverändert bleiben der Abzugshöchstbetrag sowie die weiteren Voraussetzungen für eine steuerliche Berücksichtigung. Als Kinderbetreuungskosten werden somit zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens jeoch 4.000 Euro pro Jahr und Kind angesetzt, wenn diese entsprechend belegt werden können.
Die Einkünfte- und Bezügegrenze für volljährige Kinder entfällt. Bisher bestand bei volljährigen Kindern ein Anspruch auf Kindergeld bzw. Freibeträge für Kinder nur, wenn neben Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestandes (z.B. Berufsausbildung) die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht über dem Betrag von 8.004 Euro lagen.
Mit dem Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden die Anspruchsvoraussetzungen stark vereinfacht. Der Verzicht auf die Einkommensüberprüfung bei volljährigen Kindern entlastet sowohl die Eltern und ihre volljährigen Kinder als auch die Finanzämter und Familienkassen beim Ausfüllen beziehungsweise bei der Bearbeitung der Kindergeldanträge, Einkommensteuererklärungen und Lohnsteuer-Ermäßigungsanträge. Ab 2012 wird ein volljähriges Kind zwischen 18 und 25 Jahren unabhängig von seinen eigenen Einkünften und Bezügen berücksichtigt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums allerdings nur, wenn es keiner Erwerbstätigkeit mit mehr als 20 Stunden regelmäßiger Wochenarbeitszeit nachgeht – unschädlich sind jedoch ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein Minijob.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge beim Freibetrag für die Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes ab 2012 verzichtet.
Die Übertragung der Freibeträge für Kinder wird erweitert. Nach bisheriger Rechtslage kann bei geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern der Kinderfreibetrag auf einen Elternteil übertragen werden, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht dem Kind gegenüber nicht nachkommt.
Die Möglichkeit, sich den Kinderfreibetrag des anderen Elternteils übertragen zu lassen, wird nunmehr um die Fälle erweitert, in denen der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Die Erweiterung der Übertragungsmöglichkeit des Kinderfreibetrages wirkt sich auch auf die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages aus. Künftig kann sich der Elternteil, der ein behindertes Kind betreut und für dessen Unterhalt überwiegend allein aufkommt, neben dem Kinderfreibetrag auch den Behinderten-Pauschbetrag des Kindes in voller Höhe übertragen lassen.
Neu ist auch, dass künftig der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, die Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes auf den anderen Elternteil verhindern kann, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder eigenen Betreuungsaufwand hat.
Ab 2012 wird die Berechnung der Entfernungspauschale vereinfacht. Die Vergleichsberechnung zwischen Entfernungspauschale und tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel ist nun nicht mehr tageweise sondern für das gesamte Kalenderjahr vorzunehmen.
Änderung bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung und des Spendenabzugsvolumens: Zukünftig werden die abgeltend besteuerten Kapitalerträge nicht mehr bei der Berechnung der zumutbaren Belastung sowie des Höchstbetrages beim Spendenabzug berücksichtigt. Insoweit entfällt künftig die Notwendigkeit, abgeltend besteuerte Kapitalerträge nur für diese Zwecke in der Einkommensteuererklärung anzugeben.
Erstattungsüberhänge bei den Sonderausgaben: Erstattungen von als Sonderausgaben abziehbaren Aufwendungen (z. B. für Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungsbeiträge, Kirchensteuern) werden mit den im Jahr der Erstattung getätigten gleichartigen Aufwendungen verrechnet, so dass nur der Differenzbetrag zum Ansatz kommt. Sind die Erstattungen höher als die Aufwendungen, ergibt sich ein sog. Erstattungsüberhang. In diesen Fällen musste bisher der Sonderausgabenabzug im ursprünglichen Zahlungsjahr geändert werden.
Ab 2012 ist eine Änderung bereits bestandskräftiger Steuerbescheide aus den Vorjahren nicht mehr erforderlich. Ein eventueller Erstattungsüberhang erhöht nun den Gesamtbetrag der Einkünfte im Erstattungsjahr.
Das Elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren verzögert sich. Der ursprünglich im Kalenderjahr 2012 vorgesehene Starttermin für das neue Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale und den erstmaligen Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale verzögert sich wegen technischer Schwierigkeiten. Der Einsatz des elektronischen Abrufverfahrens ist momentan zum 1. Januar 2013 geplant.
Über die weitere Gültigkeit der Lohnsteuerkarte 2010 oder an deren Stelle der vom Finanzamt ausgestellten Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (Ersatzbescheinigung) sowie zu möglichen Handlungsbedarf, wenn die dort enthaltenen Eintragungen nicht mehr aktuell sind, siehe unten.
Bei der Riester-Rente wird ein Mindestbeitrag von 60 Euro pro Jahr für die im Rahmen der steuerlich geförderten Altersvorsorge mittelbar zulageberechtigten Personen eingeführt.
Um Rückforderungen von Zulagen bei der Riester-Förderung wegen einer schleichenden Änderung der Zulageberechtigung weitgehend zu vermeiden, ist bei mittelbar Zulageberechtigten ab dem Jahr 2012 die Zahlung eines Mindestbeitrags von 60 Euro vorgesehen. Die Riester-Förderberechtigten werden von den Anbietern von Altersvorsorgeverträgen in Kürze über die Neuregelung informiert.
Die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wird mit der Vereinheitlichung der Prozentgrenzen bei verbilligter Wohnraumüberlassung auf 66 Prozent vereinfacht. Beträgt die ortsübliche Miete bei auf Dauer angelegter Vermietung nicht weniger als 66 Prozent, wird grundsätzlich ohne Totalüberschussprognose die Einkünfteerzielungsabsicht unterstellt und die Vermietung einer Wohnung als vollentgeltlich angesehen.
Die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 920 Euro auf 1.000 Euro durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 gilt bereits für 2011. Ein höheres Netto wird sich jedoch in vielen Fällen erst bei der Gehaltsmitteilung in 2012 bemerkbar machen.
Mehr:
Weitergehende Informationen zu Rechtsänderungen in 2012, z. B. auch zu Änderungen im Umsatzsteuergesetz, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Bewertungsgesetz bzw. in der Abgabenordnung, stehen auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter dem Titel “Steuerliche Neuregelungen zum 1. Januar 2012” zur Einsicht und zum Abruf bereit.
Die elektronische Lohnsteuerkarte startet später – die Folgen
Der Start der elektronischen Lohnsteuerkarte wird bundesweit um ein Jahr auf den 1. Januar 2013 verschoben. Als Grund werden vom Sächsischen Finanzministrium “unerwartete technische Probleme bei der Bereitstellung für die Arbeitgeber” angegeben.
Die Papierlohnsteuerkarte gilt länger
Die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. eine vom Finanzamt ausgestellte Ersatzbescheinigung 2011 gelten bis zum Start der elektronischen Lohnsteuerkarte weiter. Die bisherigen Merkmale (Steuerklasse, Kinderfreibeträge, Kirchensteuermerkmal und andere Freibeträge) sind also auch für das Jahr 2012 gültig. Bei einem Arbeitgeberwechsel muss der Arbeitnehmer – wie bisher auch – dem neuen Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. Ersatzbescheinigung 2011 aushändigen.
Was passiert, wenn sich nichts geändert hat?
Sind die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Ersatzbescheinigung 2011 weiterhin aktuell, muss nichts veranlasst werden. Der Arbeitgeber wird diese Verhältnisse für den Lohnsteuerabzug zu Grunde legen.
Was ist zu tun, wenn die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte oder der Ersatzbescheinigung nicht mehr aktuell sind?
Stimmen die auf der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Ersatzbescheinigung 2011 eingetragenen Merkmale nicht mehr (z. B. zu günstige Steuerklasse oder zu hohe Zahl der Kinderfreibeträge), muss der Arbeitnehmer diese beim Finanzamt ändern lassen. Er erhält dann einen Ausdruck der geänderten Merkmale und muss diesen seinem Arbeitgeber vorlegen.
Wie wird der Arbeitgeber über Änderungen ab 2012 informiert?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Arbeitgeber zu informieren:
a) Das im Herbst 2011 versandte Informationsschreiben über die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale kann dem Arbeitgeber vorgelegt werden. Wichtig ist, zuvor die Angaben auf Richtigkeit hin zu prüfen.
b) Stimmen diese Angaben im vorgenannten Informationsschreiben nicht oder soll ab 2012 ein zusätzlicher Freibetrag berücksichtigt werden, ist dem Arbeitgeber ein aktueller Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale vorzulegen. Diesen stellt das Finanzamt auf Antrag aus. Der Antrag soll schriftlich erfolgen.
Wichtig ist: nur wenn dem Arbeitgeber die aktuellen Informationen vorliegen, kann er die Lohnsteuer richtig berechnen.
Es entstehen keine Nachteile
Sofern im Jahr 2012 ein unzutreffender Lohnsteuerabzug vorgenommen wird, kann dies mit der Steuererklärung 2012 korrigiert werden. Wer beispielsweise als Berufspendler den Aufwand für den Weg zur Arbeit als Freibetrag erstmals ab 2012 beantragt hat, dem Arbeitgeber diese Information aber nicht mitteilt, hat zwar zunächst netto weniger “im Portemonnaie”. Mit Abgabe einer Steuererklärung wird allerdings die zutreffende Steuer berechnet.
Bitte beachten!
Ist der bislang geltende Freibetrag zu hoch – z. B. wenn im Jahr 2012 Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte entfallen – kann es bei der Steuererklärung 2012 zu einer Nachzahlung kommen. Um dies zu vermeiden, müssen diese Änderungen dem Finanzamt und dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
Berufseinsteiger
Für alle Berufseinsteiger stellt das Finanzamt bis zum Start der elektronischen Lohnsteuerkarte – wie bisher – auf Antrag eine Ersatzbescheinigung aus. Diese ist dem Arbeitgeber vorzulegen.
Ausbildungsbeginn im Jahr 2012
Die Vereinfachungsregelung für Auszubildende gilt auch im Kalenderjahr 2012. Das bedeutet: Ledige Auszubildende benötigen keine Ersatzbescheinigung.