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Wirtschaft global und lokal

China: Kommen Einkauf und Produktion jetzt zurück nach Deutschland?

Für viele Unternehmen war China der Ausweg aus der Kostenfalle. Inzwischen haben sich etliche – auch in West- und Osteuropa – die Nase gewischt
Für viele Unternehmen war China der Ausweg aus der Kostenfalle. Inzwischen haben sich etliche – auch in West- und Osteuropa – die Nase gewischt

Foto: Alex, Pixabay License

Man sagt, die Corona-Pandemie habe schlaglichtartig latent schwelende Probleme verschärft und damit zutage treten lassen. Eines davon ist die Störanfälligkeit weltweiter Lieferketten: Unter optimalen Bedingungen funktioniert alles perfekt und störungsfrei, doch Naturkatastrophen, politische Spannungen oder eben eine Viruspandemie können komplexe Störungen auslösen, wie sie aktuell zur Preisexplosion für Rohstoffe und im Schlepptau zu weiteren Preissteigerungen führen.

Unternehmen, die einst – so lange ist es noch gar nicht her – vor allem wegen der billigeren Arbeitskosten, niedriger Steuersätze oder der Nähe zu neuen Märkten in China produzieren ließen oder dort selbst produzierten, möchten nun lieber heute als morgen nach Deutschland zurück.

Zurück nach Hause!

Ein handfestes Beispiel liefert etwa der Modelleisenbahnhersteller Märklin, der seine Tore in Thüringen geschlossen hatte und lieber in China einkaufte. Doch tauchten Qualitätsprobleme auf, der Transport schlug zu Buche und nach der Insolvenz von 2009 war klar: Produziert werden muss in Deutschland, vor Ort, wo der Markt für anspruchsvolle Produkte ist und die Kunden das “Made in Germany” bei solch einer bekannten Traditionsmarke erwarten.

Der Trend zum Reshoring, der Rückverlagerung nach Deutschland, ist weder auf China beschränkt noch ist er neu. Welche Faktoren spielen eine Rolle? Natürlich sind die langen Lieferwege aus Fernost zu nennen. Schnell und teuer ist der Flugtransport, langsam und vergleichsweise preiswert der Seeweg und eine Mittelstellung nimmt der Gütertransport auf der Schiene ein.

Eine Frage der Qualität, eine Frage der Kosten

Hinzu kommen Qualitätsprobleme: Für die in Deutschland gewachsene Perfektions-Kultur gibt es in manchen anderen Ländern kaum Verständnis. “So gut wie nötig, um zu verkaufen”, ist dort die Devise – und macht es wieder attraktiv, in Deutschland zu produzieren.

Viel bedeutsamer ist aber, dass auch in anderen Ländern einerseits die Arbeitskosten steigen, andererseits die voranschreitende Automatisierung die menschliche Arbeitskraft immer stärker ablöst – anders gesagt: Was zählt die billigere Arbeitskraft in Fernost, wenn sie eh nicht mehr gebraucht wird? Um aber eine automatische Produktion zu betreiben, braucht man gut qualifizierte Mitarbeiter und keine Anlernkräfte.

Kulturfragen

Der Trend, sich von Auslandsinvestitionen zurückzuziehen, ist für deutsche Unternehmen nicht neu. Selbst jene, die in West- oder Osteuropa investiert hatten, zog es schon vor der Corona-Pandemie nach Deutschland zurück. Zu den Hintergründen gehören vom in Deutschland gewohnten Standard abweichende Berufsausbildungswege und anders geprägte Unternehmenskulturen im Ausland. Auch die Sprachbarrieren spielen eine wichtigere Rolle als von vielen angenommen. Wer etwa in Polen investiert hat, ohne die Sprache selbst zu erlernen, hat mit Sicherheit schon erlebt wie es ist, wenn Mitarbeiter plötzlich nichts mehr verstehen.

Nähe zählt

Andererseits haben etliche Unternehmen, vor allem regional verwurzelte wie in Markersdorf, nie mit dem Gedanken gespielt, ins Ausland zu gehen. Zu sehr war ihnen klar, wie wertvoll das gewachsene Knowhow der Stammbelegschaft ist und dass sich Arbeit nicht auf Arbeitsanweisungen reduzieren lässt; da ist man sich auch im Markersdorfer Unternehmerverband einig. Eine solide Berufsausbildung, zusätzliche Qualifizierungen und die Berufserfahrung sorgen – wenn die Unternehmenskultur stimmt – dafür, dass die Mitarbeiter als Organisation etwa mögliche Fehler und Risiken selbständig erkennen und abstellen.

Anders ist es in Betrieben, in denen negativer Druck auf Mitarbeiter ausgeübt und infolgedessen “Dienst nach Vorschrift” gemacht wird. Zeigen sich Fehler, sagen sich die Mitarbeiter “Was geht’s mich an? Ist das meine Verantwortung?” und lassen die Dinge laufen, bis aus einer kleinen Ursache womöglich eine große Schadenswirkung entsteht. Wo jedoch ein Sinn für das Ganze besteht, wird sich auch für das Ganze engagiert.

Manche Unternehmen glauben allerdings , sie seien als Vor-Ort-Betriebe nicht ersetzbar durch internationale Strukturen. Das ist ein Irrtum, wie die Liste der 50 größten Unternehmen in Deutschland in chinesischem Besitz zeigt: Wo größere Unternehmen an Investoren verkauft wurden steigt die Gefahr, dass kleinere – Zulieferer und Dienstleister etwa – ebenfalls geschluckt werden. Da ist jedem Unternehmen Hochachtung zu zollen, das seine Produktion – vor allem wenn sie viel Handarbeit umfasst – in Deutschland belassen hat.

Ein Beispiel dafür ist der Spezialist für Kabelkonfektionen RST in Wallenhorst. Hier entstehen in einer Kombination aus HighTech und hohem Handarbeitsanteil Kabelbäume und Anschlussleitungen aller Art. RST hat frühzeitig erkannt, dass die teils händische Fertigung in Deutschland zwar teuer ist, jedoch Kundennähe, Flexibilität und Qualität die Erfolgsgrundlagen sind.

Drehscheibe Oberlausitz

Für Regionen wie den Landkreis Görlitz bietet das Reshoring durchaus Chancen auf Unternehmensansiedlungen: Von China in die Oberlausitz – warum nicht? Vielleicht ist es ja überhaupt ein guter Ansatz, sich nicht nur als Tor nach Osteuropa, sondern auch als Tor nach Deutschland und Westeuropa zu verstehen?

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