Handwerk hat goldenen Boden – wann hat dieser Spruch mehr gegolten als heutzutage? Handwerker sind gefragt, so wie auch gute Leute im Handwerk gefragt sind, vor allem als Azubis.
Wobei man mit dem Spruch, wonach Handwerk goldenen Boden habe, eigentlich vorsichtig umgehen müsste, denn er hat vermutlich eine Quelle, die eben nicht darauf hindeutet, dass sich im Handwerk gutes Geld verdienen lässt: “Handwerk hat goldenen Boden”, sprach der – vermutlich schlesische – Weber, als er in den leeren Brotbeutel schaute und die Sonne dessen Boden golden leuchten ließ.
Ob dieser Ursprung des Spruchs nun stimmt oder nicht: Es muss hinterfragt werden, weshalb sich junge Leute gegen eine Ausbildung im Handwerk entscheiden, lieber Abitur machen und dann irgendetwas studieren.
Vorurteile machen dem Handwerk zu schaffen
Obgleich es auch in Markersdorf viele vorbildlich geführte und wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe – auch im Handwerk – gibt, halten sich hartnäckig alte Vorurteile, wonach eine Berufsausbildung im Handwerk wenig attraktiv ist. Im Mittelpunkt stehen dabei ein geringer Lohn, viele Überstunden und mangelhafte Mitarbeiterführung.
Bildungszeit wird möglichst lang ausgedehnt
Und es gibt noch einen Aspekt: Für viele junge Leute gilt die Abiturientenzeit mit anschließendem Studium als eine schöne Zeit, in der man sich auf seinen Berufsweg noch nicht endgültig festlegen muss.
Bildung im Handwerk weiter aufwerten
Ein Lösungsansatz könnte sein, die Handwerkerausbildung mit Abiturwissen anzureichern – immerhin hat die frühere “Berufausbildung mit Abitur” leistungsfähige Spezialisten und sozialkompetente Führungkräfte hervorgebracht. Generell könnten zudem studienähnliche Lernformen die Berufs- und vor allem die Meisterausbildung anreichern.
Tipp:
Wer sich als Schüler, Berufseinsteiger oder erfahrener Profi im Handwerk und darüber hinaus orientieren will, ist auf den Oberlausitzer Karrieretagen, der regionalen Messe für Arbeit, Ausbildung und Studium, richtig. Sie finden am 1. und 2. Oktober 2022 im Messepark Löbau statt.
Meister in der Doppelrolle
Viele Handwerksmeister sind als echte Vollblut-Handwerker am liebsten auf der Baustelle. Andererseits ist der selbständige Handwerksmeister in erster Linie Unternehmer und muss sich neben der Kundengewinnung und Angebotstätigkeit beispielsweise auch um betriebswirtschaftliche und rechtliche Fragen sowie die Mitarbeiterführung kümmern. Alles unter einen Hut zu bekommen, erweist sich regelmäßig als schwierig.
Ganz ohne Dienstleister läuft der Betrieb nicht
Deshalb bedarf es immer wieder des Abgleichs, an welcher Stelle Experten als Dienstleister herangezogen werden und wo “man sich selbst reinkniet”. Typische externe Dienstleister, ohne die vieles nicht mehr beherrschbar wäre, sind etwa der Steuerberater und der Rechtsanwalt, oft auch ein Buchführungsbüro und die Lohnrechnung, wenn nicht vom Steuerbüro gleich mit übernommen. IT-Dienstleister kümmern sich um die Rechentechnik und den Webauftritt, um ein weiteres Beispiel zu nennen.
Software mit Rationalisierungspotential
Bei den Leistungen der Dienstleister liegt aber Rationalisierungspotential, weil viele von deren Aufgaben von Software übernommen werden können. Hier allerdings muss man ein wenig Zeit investieren, um eine wirklich zukunftssichere und leistungsfähige Software für Handwerker finden und implementieren zu können.
Klar kann man vieles mit den verbreiteten Text- und Tabellenkalkulationsprogrammen improvisieren, das kostet das immer wieder Zeit, die ein Handwerksbetrieb jedoch besser nutzen kann.
Work-Life-Balance auch im Handwerk
Der Typus des Handwerkers, der sich mit Kleinaufträgen über Wasser hält, lange Arbeitszeiten hat und dennoch nicht auf den grünen Zweig kommt, funktioniert nicht mehr. Für die Kunden ist das nicht unbedingt schön – und dennoch soll ein plakatives Beispiel zeigen, worum es geht: Ein Auftrag über 150 Euro erzeugt ungefähr den gleichen Nebenaufwand wie ein Auftrag über 1.500 Euro. Mit Nebenaufwand ist unter anderem gemeint: Angebot schreiben, Material besorgen, zum Kunden fahren, Rechnung schreiben. Es ist ziemlich logisch, dass der etwas größere Auftrag überproportional mehr Deckungsbeiträge liefert als der kleinere, die vielleicht sogar ins Minus führt.
Beschäftigte ihre Extras selbst wählen lassen
Ein betriebswirtschaftlich gesundes Unternehmen ist aber die Voraussetzung dafür, dass ein Beruf im Handwerk hinsichtlich Bezahlung und Arbeitszeit attraktiv ist – und nicht nur das: Immer mehr Arbeitnehmer – vom Studienabsolventen bis zum Gesellen – erwarten ein gutes Betriebsklima, Weiterbildungen, Kita-Zuschuss, von Diensthandy und Dienstwagen auch zum privaten Gebrauch gar nicht zu reden.
Wer gute Mitarbeiter bei sich halten will, sollte ihnen zumindest eine Auswahl gewähren, welche Vergünstigungen sie in Anspruch nehmen wollen, denn die Bedürfnisse eines jungen Familienvaters sind nun einmal andere als die eines Azubis oder eines Kollegen oder einer Kollegin, die am Horizont die Rente auftauchen sehen.
Ein Beitrag von Thomas Beier für die Redaktion markersdorf.de