Für so manchen Markersdorfer ist es, wie immer wieder zur Sprache kommt, wirklich ein Graus, dass sich immer mehr Anglizismen in den deutschen Sprachgebrauch einschleichen. Nun liegt es fern, über das sogenannte Denglisch zu richten, denn viel besser ist es, sich mit diesem Phänomen, das zuweilen Blüten schlägt, ein wenig zu beschäftigen, um dieses Metier differenziert betrachten zu können. Mit etwas Hintergrundwissen kann man oft darüber lächeln und das ist allemal besser, als sich zu ärgern.
Find out!
So eine Blüte war der Werbeslogan einer Parfümeriekette, der “Come in and find out” hieß. Das nette Wortspiel wurde in der Zielgruppe jedoch meist nur im Sinne von “Komm rein und finde (wieder) raus” übersetzt, nur an das eigentlich gewünschte und ebenfalls richtige “Komm herein und finde es heraus” – nämlich vielleicht das passende Parfüm – dachte kaum jemand. Dazu hätte es treffender vielleicht “Come in and discover” heißen müssen, was aber nicht so griffig klingt und außerdem etwas mehr Vokabelkenntnis benötigt.
Handy
Anders ein Kunstwort, das zwar englisch klingt und im Englischen sogar seine Wurzeln hat, um das der englische Sprachraum die Deutschen aber beneidet: Handy. Das smarte Telefon, kurz Smartphone, in Deutschland kurz Handy genannt, heißt noch heute in den USA und in Südafrika recht umständlich cellphone, eine Abkürzung von cellular phone, in Großbritannien hingegen mobile phone oder kurz mobile.
Store
Die Bezeichnung Store hingegen hat französische Wurzeln und bezeichnet im Deutschen ganz selbstverständlich eine netzartige Gardine, während die Schweizer damit einen Rollladen oder eine Markise benennen. Doch taucht Store auch im Einzelhandel auf. Zwar ist der Laden im Englischen ein shop, doch in den USA entstanden stores, abgeleitet von storage, dem Ort, wo im Speicher, wie man im Deutschen sagen würde, Waren waren gelagert werden. Im Russischen übrigens ist diese Verbindung zwischen dem Speicher als Warenlager und der Verkaufsstelle ganz ähnlich, nur wird sie hier, abgeleitet vom arabischen al-maḫzan, Magazin genannt.
Längst hat sich in der deutschen Sprache der Shop und “shoppen gehen” für das Einkaufen eingebürgert – zu Recht? In gewisser Weise ja, denn mit “einkaufen gehen” beschreibt man eher den gezielten Einkauf meist von Lebensmitteln, während beim Shoppen der Erlebnischarakter im Vordergrund steht: Einkaufen als Freizeitspaß. Anders allerdings beim Online Shop, wo es eher um Auswahl und Preisvergleich geht. Dem Store hingegen begegnet man in Deutschland hin und wieder als Flagship Store – ein Begriff, der exklusive Geschäfte von Markenartiklern bezeichnet und besser gar nicht erst ins Deutsche übersetzt werden sollte.
Zu beachten ist, dass englischsprachige Begriffe oft emotional aufgeladener wirken als das deutsche Pendant: Während “einkaufen” nicht gerade aufregend klingt, verbindet sich “shoppen” mit Dynamik. Das lässt sich für viele Übersetzungen in ähnlicher Weise nachvollziehen, etwas bei Läufer / Runner oder Innenstadt / City. Auch deshalb wird in der Werbung gern auf das Englische zurückgegriffen und wer internationale Märkte bedient, für den ist Englisch zudem praktisch.
Car Policy und weitere Fallstricke und Irrtümer
Manchmal allerdings werden Irrtümer und Verwechslungen regelrecht provoziert. Was wohl ist eine Car Policy? Kurz gesagt: Autopolizei ist schlichtweg falsch, Autopolitik dagegen richtig. Doch der Hase liegt woanders im Pfeffer: Im Deutschen nämlich verortet man Autopolitik ganz selbstverständlich bei Politik und Regierung, man denkt an Gesetze, Elektromobilität, Fußgängerzonen und Radwege, an Kfz-Steuern und vielleicht auch die Bündnisgrünen – alles falsch. Die Autopolitik, die als Car Policy daherkommt, bezieht sich darauf, wie man als Unternehmen oder Organisation seinen Fuhrpark organisiert und strategisch ausrichtet. Dabei geht es etwa um die Wirtschaftlichkeit der Geschäfts- oder Dienstfahrzeuge, um ihren Einfluss auf die Mitarbeiter-Motivation, um die Nachhaltigkeit der Fahrzeuge oder das Image, für das der Fuhrpark steht.
Natürlich kann jeder selbst entscheiden, ob er oder sie Anglizismen in seinen Sprachgebrauch aufnimmt, allerdings sollte man zwei Aspekte bedenken: Haben sich englischsprachige Begriffe in einem Bereich wie etwa dem Marketing eingebürgert, wird man mit anderen Fachleuten schlecht kommunizieren können, wenn man diese Begriffe vermeidet; im schlimmsten Fall erweckt man den Eindruck, keine Ahnung vom Fach zu haben. Andererseits sollte man jedoch mit Begriffen sensibel umgehen, die im Deutschen unter Umständen eine andere Bedeutung haben als im Englischen oder gar falsch sind. “Standing Ovations” ist so eine Floskel, die es im Englischen nicht gibt; würde auf Deutsch jemand von “Stehenden Beifällen” sprechen? Natürlich heißt es “Stehender Beifall” und entsprechend “Standing Ovation”, also ohne das Plural-s.
Richtig peinlich wird es beim Public Viewing, das im Englischen bedeutet, einen Gegenstand öffentlich zur Schau zu stellen, typisch die Aufbahrung eines Toten oder die Zugänglichmachung eines Ortes zur Besichtigung wie etwa in Görlitz zum Tag des offenen Denkmals. In Deutschland wird Public Viewing jedoch für die Übertragung meist eines Sportereignisses auf einem öffentlich zugänglichen Bildschirm verwendet, was im Englischen korrekt aber “Public Screening” heißt – ein Begriff, bei dem viele Deutsche wiederum an eine medizinische Reihenuntersuchung denken.
Fazit
Man sieht: Die inflationäre Verwendung englischsprachiger Begriffe ist nicht immer Ausdruck von guter Bildung, sondern zuweilen des Gegenteils. Dort aber, wo Anglizismen einen Sachverhalt oder einen Gegenstand kurz und prägnant bezeichnen, können sie durchaus ihre Berechtigung haben.
Im Übrigen sind viele Begriffe aus dem Englischen im Deutschen längst so selbstverständlich, dass sich niemand mehr daran stößt, etwa beim Pullover, von pull = ziehen und over = darüber. Die Bezeichnung der Variante ohne Ärmel hingegen, der im Deutschen aus den englischen Begriffen pull und under zusammengesetzte Pullunder, heißt im Englischen “sweater vest” – wörtliche Übersetzungen haben halt ihre Fallstricke.
Ein Beitrag der Redaktion markersdorf.de