Schafwolle aus Deutschland ist ein Beispiel dafür, dass Dinge viel mehr wert sein können, als dafür bezahlt wird. In Deutschland gibt es nur noch knapp 990 Schäferinnen und Schäfer. Über den Beruf und die Wolle als Produkt.
Den Schäfer-Beruf kann nur ausüben, wer über eine gehörige Portion Leidenschaft und Liebe zur Natur verfügt. Schäfer haben eine Sieben-Tage-Woche mit Zwölf-Stunden-Tagen, denn sie leben nicht nur von, sondern regelrecht auch mit ihren Schafen. Weil die Ausbildung zum Tierwirt wie in anderen Ausbildungsberufen drei Jahre beträgt, der Verdienst eines Schäfers aber nur bei rund 1.800 Euro im Monat liegt (selbständige Schäfer erzielen oft um die 2.000 bis 2.500 Euro Monatsumsatz), ist es nicht verwunderlich, dass sich nur wenige Auszubildende für diesen Beruf finden lassen. Auch wenn es nicht nur ums Geld geht: Die Ansprüche sind hoch an den Azubi und familienfreundlich ist der Beruf wahrlich nicht, denn die Tiere haben immer Vorrang.
Obgleich die erzielbaren Preise für Fleisch, Wolle und Milch nur gering sind, muss der selbständige Schäfer aus seinen Umsätzen unter anderem die Schafscherer und die Pacht für die Weiden bezahlen. Der Erlös aus der Schafwolle deckt oftmals nicht einmal die Kosten der Schur. Somit muss der Schäfer aus seinen Umsätzen, die er mit Lammfleisch und Schafsmilch macht, die Schur quasi selbst subventionieren.
Billigimporte werden kaum hinterfragt
Nur noch einige deutsche Firmen vermarkten die einheimische Schafwolle. Beispiele sind die Rieger Betten & Naturwaren in Görlitz-Schlauroth oder auch die Schafwollspinnerei Höfer, ein Familienbetrieb in Litzldorf im Landkreis Rosenheim. Andere Wege geht der Wanderschäfer Sven de Vries mit seinem Crowdfunding-Projekt “Paula und Konsorten”, das zum Ziel hat, als Selbstvermarkter einen fairen Preis für Wolle zu erzielen.
Hintergrund: Billige Wolle etwa aus Australien, Neuseeland, China und Amerika beherrscht den Markt, aber die teils grausamen Haltungsmethoden, etwa die Hautentfernung am After der Schafe, und der Transport werden kaum hinterfragt. Der Nichtverkauf der ebenfalls hochqualitativen und eigentlich wertvollen deutschen Wolle erinnert an die Problematik der hiesigen Bauern, die um ihre Milchpreise kämpfen.
Außerdem liefert Importwolle keinen Beitrag zur Landschaftspflege in Deutschland, denn Schafe dienen auch zur Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft, weil das Weiden der Tiere die Verbuschung verhindert. Mit ihrem Fell nehmen sie Pflanzensamen auf und sorgen für deren Verbreitung. Damit leisten die Schafe zudem einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.
Schafwolle: von der Schur bis zum Endprodukt
Nachdem das Schaf geschoren wurde, wird die Wolle auseinandergezogen. Im nächsten Schritt wird die Schurwolle mit zwei Handkarden gekämmt. Danach kann die Rohwolle versponnen und gefärbt werden.
Wer Lust darauf hat: Im Dorfmuseum Markersdorf werden Kurse zum Erlernen alter Handwerkskünste – wie zum Beispiel auch das Verspinnen und Verweben von Wolle und Garnen – angeboten.
Welche Eigenschaften zeichnen Wolle aus?
Schurwolle ist ein Phänomen: Diese Textilfaser wird ohne großen technischen Aufwand in der Regel unter freiem Himmel gewonnen. Sie ist biologisch abbaubar, feuchtigkeitsabweisend und leicht zu reinigen – wenn man weiß, wie. Außerem ist Wolle aus Naturfasern hautfreundlich und elastisch, lärmdämmend und knitterfrei.
Gern werden Schaffelle an Eltern zur Geburt ihrer Sprösslinge verschenkt. Solche Felle brauchen nicht gewaschen zu werden, sie werden lediglich gelüftet, da sie das wertvolle Wollfett Lanolin enthalten, das entzündungshemmend und durchblutungsfördernd wirkt. Das Liegen und Kuscheln auf einem solchen Fell vermittelt dem Säugling ein wohliges und sicheres Gefühl von Geborgenheit.
Als “reine Schurwolle” darf übrigens nur Wolle bezeichnet werden, die ausschließlich aus der Schur lebender Schafe gewonnen wurde. Daneben gibt es noch Reißwolle aus dem Recycling, Gerberwolle aus der Schlachtung und die sogenannte Sterblingswolle von natürlich verendeten Tieren.
Ein Strickprojekt bildet das Wetter ab
Gestrickt wurde eine Wolldecke aus pflanzengefärbter isländischer Schurwolle. Thema dieser Decke war das Wetter in Markersdorf. Wie das geht? Ganz einfach: Jeden Tag wurden zwei Reihen gestrickt und immer mit dem Blick auf das Thermometer.
Begonnen wurde Anfang Februar mit einem Gelbton, denn Gelb wurde für die Minusgrade verstrickt, dann Blau bis plus zehn Grad, grün ab elf Grad und rot ab zwanzig Grad. Eine schöne und spannende Idee für alle, die sich vom Ergebnis überraschen lassen wollen.
Wer so viel Liebe und Einsatz in ein Projekt verstrickt, sei es ein Pullover, Socken oder wie hier eine Decke, möchte sichergehen, dass das Strickstück beim Waschen nicht beschädigt wird. Wichtig: Wolle nie wärmer als 30 Grad Celsius waschen und nur spezielle Waschmittel, niemals Soda, verwenden! Am besten ist die Handwäsche, nasse Wollsachen niemals aufhängen, sondern auf einen Wäscheständer legen. Wollwäsche trocknet schneller und bleibt besser in Form, wenn man sie in ein Badetuch einrollt und so das Wasser behutsam herausdrückt, bevor man sie zum Trocknen ablegt.
Tipp:
Wer unter seinen Wollsachen ein Shirt trägt sorgt dafür, dass diese nicht verschwitzen und weniger gewaschen werden müssen. Wie man hingegen so richtig durchgeschwitzte Sachen wäscht, ist auf einer Seite zum Thema Sportkleidung waschen zusammengefasst.
Ein Beitrag von Tina Beier für die Redaktion markersdorf.de