Als Landwirt wirtschaftlich durchzukommen, das ist nicht einfach. Zu geringen Aufkaufpreisen wird mit Rationalisierung begegnet – vorausgesetzt, man kann sich das leisten. Der Mechanismus, mit Qualität und Verknappung zu höheren Preisen zu gelangen, scheint in der Landwirtschaft nicht zu funktionieren.
Als Auswege beziehungsweise neue Einkommensquellen werden seit Jahren die Direktvermarktung und der Landtourismus angepriesen und mit Fördermitteln unterstützt. Tatsächlich sind auch in der Oberlausitz einige Hofläden entstanden, deren Bekanntheit und Kundenkreis jedoch eher überschaubar erscheint. Dabei genießen die Direktvermarkter doch grundsätzlich eine gute Akzeptanz, ob sie nun einen festen Laden oder einen Stand auf einem der Wochenmärkte nutzen oder private wie auch gewerbliche Abnehmer beliefern. Die Endkunden akzeptieren, wie Charlotte Meyer auf landundforst.de schreibt, in aller Regel ohne Murren für den Landwirt auskömmliche Endpreise, hingegen entfallen Preisverhandlungen mit Aufkäufern und Zwischenhändlern.
Für die allermeisten Landwirte, die auf die Direktvermarktung als Standbein setzen, bleibt das jedoch nur eine Nische. Schaut man sich einmal die unterschiedlichen Direktvermarktungswege
- Hofladen,
- Marktstand,
- einzelne Verkaufsaktionen und
- Lebensmittelversand
näher an, wird deutlich, dass sie unterschiedliche Vorteile, ebenso aber auch Nachteile mit sich bringen. Katharina Krenn hat diese in einem Beitrag auf agrarheute.com zusammengefasst.
Den Engpass finden
Aus unternehmerischer Sicht besteht oftmals ein Engpass im Marketing der Direktvermarkter: Es reicht nicht, ein Schild anzubringen und ab und an eine Annonce zu schalten. Auch ein eigener Webauftritt erweist sich oft als wenig wirksam. Und schließlich kommt es auch vor, dass die Verkäufer sicherlich viel von Landwirtschaft und ihren Produkten verstehen, aber in vielen Fällen wenig Verständnis dafür haben, dass die Kunden nicht nur Lebensmittel kaufen möchten, sondern auch ein angenehmes, am besten begeisterndes Einkaufserlebnis haben möchten. Wer nur darauf setzt, dass die Kunden “was wollen”, das sie dann gegen Bezahlung bekommen, verspielt viel Potential.
Natürlich kann man sein Geschäft nur weiterentwickeln, wenn man das auch wirklich will und die nötige Einstellung dafür hat. Dazu gehört dann beispielsweise auch, auf allen möglichen Wegen Kontakt zu seinen Zielgruppen und möglichen weiteren Interessenten zu halten. Hier bietet sich das Internet an, vor allem mit seinen sozialen Netzwerken. Im Idealfall gilt der Anspruch, mit seinen Kunden zu leben. Das hilft, das eigene Geschäft aus deren Blickwinkel zu sehen und hilfreiche Kontakte – etwa zu Ernährungsberatern, Küchen und Kochstudios und anspruchsvollen Hobbyköchen – zu finden. Bei anderen im Gespräch zu sein sorgt für Multiplikationseffekte, nur kann man eben nicht darauf vertrauen, dass das von alleine passiert.
Von anderen abgucken
Wer einmal über seine eigene Direktvermarktung hinausdenkt, der könnte glatt auf die Idee kommen, als Direktvermarkter für mehrere Landwirte aufzutreten – was dann freilich keine Direktvermarktung mehr wäre. Zwar können sich Direktvermarkter zum Zwecke der Sortimentsergänzung gegenseitig beliefern – Aufpassen bei der Versteuerung von Zukaufsware! –, doch dürfte so mancher Landwirt erleichtert sein, wenn ihm die Vermarktungsarbeit abgenommen wird und dennoch faire Preise gezahlt werden. Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel der goodmoodfood GmbH aus Berlin. Eigentlich Spezialisten für Ritualkakao importiert die Firma mittlerweile hochwertige Lebensmittel aus Südamerika, Afrika und Südostasien – und zwar immer unter der Maßgabe
- biologisch und nicht in Monokulturen erzeugt,
- vegan,
- faire Bezahlung der Erzeuger,
was durch den Verzicht auf Zwischenhändler ermöglicht wird, - möglichst keine oder nur geringe Weiterverarbeitung
beziehungsweise Verbleib der Wertschöpfung vor Ort,
auch wenn wie mit der aus indonesischem Kokosblütennektar und Meersalz hergestellten und online verfügbaren Coco Amino Würzsauce in wenigen Fällen auch mal ein gebrauchsfertiges Endprodukt im Sortiment auftaucht. Gerade dieses Beispiel zeigt: Verbraucher reagieren nicht nur auf das Produkt allein, sondern stark auch auf die “Begleitmusik”: fair und direkt gehandelt, aus kontrolliert biologischem Anbau, gluten-, histamin- und sojafrei. Merke: Nicht das Produkt und der Preis allein machen den Interessenten zum Käufer.
Anstelle nun voreilig mit einem “ja, in Berlin geht das vielleicht” abzuwinken wäre es doch eine Überlegung wert, das zugrundeliegende Wirtschaftsprinzip auch auf Erzeuger in Deutschland zu übertragen. Dass das grundsätzlich geht, zeigen etwa die erfolgreichen Versandanbieter von Gemüse. Argumente “dagegen” finden sich immer leicht, während ein grundsätzliches “dafür” regelmäßig weitere Überlegungen erfordert. Aber sonst wäre es ja nicht spannend.
Ein Beitrag der Redaktion markersdorf.de