Wohl kaum ein Fachgebiet sieht sich Diskussionen von Leuten, die wenig oder nichts davon verstehen, so sehr ausgesetzt wie die Landwirtschaft. Leider äußern sich die Landwirte selbst viel zu wenig – aber die haben ja nun auch weiß Gott anderes zu tun.
Aber worum geht es eigentlich? Es sind gleich mehrere Spannungsfelder, in denen sich die Landwirte bewegen und, offen gesagt, erfahren sie zu oft zu wenig Wertschätzung für ihre Arbeit. Immerhin sorgen die deutschen Landwirte für 90 Prozent des Essens, das in Deutschland verzehrt wird (Quelle: Landwirtschaft verstehen, Herausgeber: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft; Download 11 MB) und sie würden auch locker die restlichen zehn Prozent schaffen, doch das lassen die Verbraucher nicht zu: Hintergrund ist deren Drang nach südländischen Früchten, südamerikanischem Fleisch und insgesamt exotischen Genüssen.
Wo aber liegt der Hase im Pfeffer, welche sind die wunden Punkte?
Wirtschaftliches Überleben
Landwirt zu sein, das ist in jeder Hinsicht ein harter Job. Wirtschaftlich gesehen besteht eine starke Abhängigkeit von Aufkaufpreisen. Das kapitalistische Grundprinzip, durch Verknappung die Preise hochzuhalten, greift in der Landwirtschaft nicht: Die Kuh muss gemolken, die Ernte eingebracht werden – sonst ist alles für die Katz’ und nicht mal das. Paradox: Eine “gute Ernte” heißt eben nicht, gute Preise zu erzielen, im Gegenteil: Je größer das Angebot, umso schneller rauschen die Preise in den Keller.
Andererseits: Steigt etwa der Milchpreis, bauen Agrarinvestoren große, hocheffiziente Milchviehanlagen, um letztlich durch das erweiterte Überangebot die Preise wieder zu drücken. Man sieht: Landwirtschaft ist schon sehr speziell und nicht ohne Grund hat sich ein riesiges Subventionssystem entwickelt. Den finanziellen Schnitt machen wohl eher die Lebensmittelveredler und schließlich der Einzelhandel – wobei man natürlich jedem zugestehen muss, unter Wettbewerbsdruck zu stehen.
Gesunde Nahrungsmittel
Ein ganz eigener Streitpunkt ist der zwischen ökologischer und biologischer Landwirtschaft und als Kontrapunkt der konventionellen Landwirtschaft. Von seiten der Bio-Fans werden meist gesundheitliche und ethische Aspekte – Stichwort Tierwohl – geltend gemacht, während herkömmlich wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe nicht anders können, als auf gesetzliche Vorgaben und Kostenüberlegungen hinzuweisen.
Wer nun meint, das Zünglein an der Waage sei der Verbraucher, der für Bio-Ware halt bereit sein müsse, mehr zu zahlen, springt allerdings etwas zu kurz. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, der durch Auflagen in Anbau und Haltung durchaus in der Lage ist, Veränderungen und auch Preissteigerungen auf den Weg zu bringen. agrarheute.de etwa verweist darauf: Bei der beabsichtigten Umstellung auf ökologische Landwirtschaft sollten zuallererst die praktischen Herausforderungen betrachtet werden, ehe man wirtschaftliche Überlegungen anstellt.
Vorurteile gegenüber dem Landleben
Besonders in den Reihen der “Besserwisser”, die oft genug in großen Städten wohnen und die Kuh vielleicht nur aus dem Spielzeugladen kennen, kursieren einesteils übertrieben romantische Vorstellungen über das Landleben, andererseits auch krasse Vorurteile. Das Leben als Landwirt ist nun einmal zeitintensiv, für vieles andere bleibt da oft keine Zeit.
Andererseits ist Landtechnik – die moderne soundso – immer wieder eine Herausforderung. Gefragt sind in der Landwirtschaft praktikable und robuste Lösungen und manche Einrichtungen wie dieser Heuaufzug funktionieren über Generationen. Dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, zugleich ein technisches Grundverständnis mitbringen, wird oft zu wenig beachtet.
Allein der Umlenkrolle, wie sie im oben verlinkten Video vom historischen Heuaufzug zu sehen ist, könnte man ein ganzes Kapitel widmen. Ein Bauernhof ohne die unterschiedlichen Arten von Umlenkrollen für Seilzüge ist sicherlich noch nicht erfunden, ob es nun um einfach Seilrollen oder Seilrollenblöcke, Drahtseilkloben, Klappkloben oder Umlenkrollen für den Personentransport geht.
Resümee
Obgleich es wohl wenig bringt, wenn einzelne Berufsgruppen auf ihre Bedeutung für die Gesellschaft hinweisen, sollte allen bewusst sein, dass ein Leben als Landwirt die Bereitschaft voraussetzt, eine Sonderrolle einzunehmen.
Vor allem planbare Freizeit oder Zeit für andere Aktivitäten ist für viele Landwirte ein schwieriges Kapitel, denn vom Wetter abhängig ist man immer irgendwie. Umso mehr haben alle Landwirte und Landwirtinnen den Respekt der Gesellschaft verdient.
Ein Beitrag der Redaktion markersdorf.de