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Digitalisierung

Der »Digitale Zwilling« in der Wirtschaft

Avatare sind nichts Neues, aber ein Digitaler Zwilling?
Avatare sind nichts Neues, aber ein Digitaler Zwilling?

Foto: Okan Caliskan, Pixabay License

Die Digitalisierung und vor allem der voranschreitende Breitbandausbau verändern das Leben auch in Markersdorf. Während im Privatbereich neben den vielen Vorteilen durchaus befürchtet wird, dass so mancher dank der neuen Möglichkeiten noch mehr Zeit am Fernsehgerät – das jetzt möglichst ein Smart-TV sein muss – oder am Computer verbringen wird, eröffnen sich der Wirtschaft neue Möglichkeiten.

Wer sich für Abläufe im produzierenden Gewerbe, bei Versorgern oder im Einzelhandel interessiert, der wird über kurz oder lang über den Begriff des Digitalen Zwillings stolpern. Zu wissen, was das ist, kann sicherlich nicht von Schaden sein. Wer das nicht glaubt: Noch Mitte der 1990er Jahre wurde man ausgelacht, wenn man meinte, jedes Unternehmen brauche eine E-Mail-Adresse.

Ein Beispiel für eine virtuelle Welt

Mancher erinnert sich vielleicht noch an die Furore, die das Spiel “Second Life” in den Jahren ab 2003 machte. Hier, in der virtuellen Welt, kann sich jeder ein “zweites Leben” zulegen und mit anderen Personen und Unternehmen interagieren – und zwar als Avatar in Menschengestalt. Über Schnittstellen in die reale Welt kann man  Geld transferieren, um damit zu kaufen und zu verkaufen. Beispielsweise unterhielt die Deutsche Post eine Zeit lang ein virtuelles Postamt in Second Life, aus dem Postkarten in die Realität verschickt werden konnten.

Natürlich können hier nicht alle Funktionen von Second Life beschrieben werden, es geht ja auch nur um ein Beispiel für das Prinzip, die reale Welt im Grunde fast vollständig in die digitale zu übertragen und dort mit einer oder mehreren Stellvertreterpersonen – den Avataren – agieren zu können, so etwa in der Kultur, in der Bildung, Forschung oder Wirtschaft. Wer das ausprobieren möchte, findet im Web mehrere solcher Plattformen. In diesem Beitrag soll Second Life jedoch nur ein Beispiel sein für virtuelle Parallelwelten, in beziehungsweise mit denen man arbeiten kann.

Der wirtschaftliche Aspekt

Trotz einer ganzen Reihe sehr ernsthafter Anwendungen in den genannten Bereichen ist Second Life vor allem eine Spielwelt, die einem das Gefühl einer anderen Identität vermittelt. Für die Wirtschaft haben moderne Virtuelle Realitäten einen anderen Sinn: Sie liefern ein Abbild von Dingen und Prozessen in Echtzeit. Angewendet wird das etwa im Immobilienmanagement, im Einzelhandel, in der Versorgung mit Wasser und in der Produktion.

Grundlage ist stets, Sachen vom Gebäudekomplex über Lager, Versorgungsnetze, Maschinen, Anlagen und anderes mehr digital zu erfassen und diese dreidimensionalen Modelle mit von Sensoren bereitgestellten Daten etwa zu Beständen, Transportprozessen, Materialverbrauch oder Warenverkauf, Raumbelegung, Temperatur, Strom- und Medienverbrauch, Beanspruchung, Verschleiß, Störungen und so weiter ständig aktuell zu halten; Stichwort ist hier das Internet of Things (IoT), das Internet der Dinge.

Der Nutzen des Digitalen Zwillings

Indem also physische Parameter, Echtzeitdaten und Daten aus der Vergangenheit kontinuierlich verknüpft und ausgewertet werden, entsteht für das, was in einem Geschäft oder in einer Maschinenhalle ganz real geschieht, ein ständig aktuelles virtuelles Abbild – und das ist nicht nur aussagekräftiger als die aktuell erhobenen Einzeldaten allein, sondern bringt drei grundlegende Vorteile mit sich:

  • Alle Einheiten und Abläufe in einem Fertigungsbetrieb, in einem Handelsbetrieb oder bei einem Versorger können damit in einem einzigen System überwacht und gesteuert werden – von der Dokumentation über Betriebszustände bis hin zur Ersatzteilbestellung.
  • Da alle echten Betriebsdaten vorliegen, können im Digitalen Zwilling Betriebsoptionen getestet werden, ohne in reale Abläufe einzugreifen. Was das bedeutet, daran erinnert die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: Für dieses Atomkraftwerk gab es keinen Digitalen Zwilling; vermutlich gab es damals noch nicht einmal diesen Fachbegriff.
  • Der dritte Vorteil lässt sich anhand des autonomen – also fahrerlosen – Autofahrens erklären. Existiert hier ein Digitaler Zwilling, kann die Software in der virtuellen Welt lernen, mit unvorhergesehenen Situationen umzugehen. Für ein Unternehmen würde das bedeuten, dass der Digitale Zwilling kritische Situationen wie etwa fehlende Kapazitäten oder versperrte Transport- oder Rettungswege vorhersieht und Abhilfemaßnahmen vorschlägt oder selbstständig einleitet.

Betriebswirtschaftlich gesehen wird mit dem Digitalen Zwilling eine ganze Reihe von Zielen verfolgt, so etwa die Durchlaufzeiten zu senken, Wartungsarbeiten genauer planen zu können, Ausfallzeiten zu reduzieren, Restbestände zu vermeiden und die Effizienz der gesamten Wertschöpfungskette zu erhöhen.

Zum Schluss ein wenig Verwirrung

Natürlich kommt so ein Bereich der Informationstechnologie nicht ohne die englische Sprache aus. So wird der Digitale Zwilling gern auch als “Asset-Twin” bezeichnet. Übersetzt man das zurück in Deutsche, dann ist Twin der Zwilling, Asset steht für Vermögen oder Aktiva, wobei hier im Sinne von Aktiva als Teil der Bilanz das Anlagevermögen gemeint ist.

Wird nun im Zusammenhang mit dem Digitalen Zwilling vom Asset Management gesprochen, dann ist nicht etwa das aus der finanziellen Vermögensverwaltung bekannte Asset Management gemeint, sondern das Organisieren und Steuern des technischen Zusammenspiels von Teilen des Anlagevermögens eines Unternehmens.

Aber damit soll es auch genug sein – nur damit sich niemand wundert, wenn er oder sie einmal von einem Digitalen Zwilling hört.

Ein Beitrag der Redaktion markersdorf.de

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