Sylvia Rößler, Leiterin des Kinderhauses Wirbelwind in Markersdorf, berichtet von ihrem Weg in ihren Traumberuf als Erzieherin und was diesen so besonders macht.
Das neue Schuljahr hat vor wenigen Tagen begonnen und die 17 Kinder aus der Vorschulgruppe haben unsere Kita verlassen. In diesem Moment sind glückliche und traurige Gefühle für uns ganz nah beieinander. Glücklich – weil die Mädchen und Jungen bei der Feierstunde ihre langersehnten Zuckertüten ganz stolz in Empfang nehmen und sich riesig auf das Lernen, ihre ersten Hausaufgaben und alles Neue, was der Schulalltag so mit sich bringt, freuen. Traurig – weil wir die Kinder arg vermissen werden. Haben wir doch die meisten von ihnen fünf Jahre lang in Ihrer Entwicklung begleiten und unterstützen dürfen.
Wir haben mit ihnen gelacht und geweint, gespielt und Quatsch gemacht, Geborgenheit geschenkt und das gegenseitige Vertrauen genossen, voneinander gelernt, Mut zugesprochen und Ehrgeiz geweckt, getröstet und viele Pflaster geklebt, Werte vermittelt und über Regeln diskutiert, erzählt und gezählt, Konflikte bewältigt, sie kreativ sein lassen, die Windel gewechselt und sie bei ihren ersten Schritten behütet, vorgelesen und zugehört, in den Schlaf gestreichelt. Ich weiß, da gibt es ganz, ganz vieles, was miteinander verbindet und dafür sorgt, dass es beim Verabschieden dann auch feuchte Augen und Tränen gibt. Wir wünschen Euch “Großen” alles Glück der Welt und wir wissen, Ihr könnt alles Schaffen, weil Ihr starke kleine Persönlichkeiten seid!
Ich hoffe nicht, dass in den Köpfen mancher Menschen immer noch das Bild einer den ganzen Tag nur spielenden, bastelnden und singenden “Tante” ist! Bitte mal ganz schnell streichen, erst recht das Wort Tante, darauf reagieren wir mittlerweile sehr allergisch. Um sich Erzieher oder pädagogische Fachkraft nennen zu dürfen, muss man Ausdauer beweisen und eine Ausbildungszeit von fünf Jahren absolvieren.
Auch ich hatte schon frühzeitig den Herzenswunsch mit Kindern zu arbeiten und nutzte immer die Sommerferien, um einen Ferienjob in der ortsansässigen Kinderkrippe (damals im jetzigen altersgerechten Wohnen) zu bekommen. Doch so einfach sollte es nicht werden! Da ich nicht an der sozialistischen Jugendweihe teilgenommen hatte, sondern “nur” konfirmiert wurde (meine Eltern hatten mir erklärt, dass es ehrlicher, geradliniger und richtiger wäre, wenn man sich nur für eine
Sache entscheidet – und darauf bin ich auch heute noch stolz. Danke!), teilte man mir am Ende der 8. Klasse mit, dass ich niemals einen Ausbildungsplatz als Erzieherin bekommen werde. So war das eben damals, in der DDR.
Nun war ich schon sehr traurig und konnte mich mit keinem anderen Beruf so richtig anfreunden, wusste nicht so recht weiter und verlängerte erst mal meine Schulzeit auf 12 Jahre. Kurz nach dem Abitur bekam ich mein erstes Kind und auf einmal öffneten sich mir die Türen und ich bekam an der medizinischen Fachschule in Görlitz einen Ausbildungsplatz, aber leider unter der Option, mein Kind in die Wochenkrippe geben zu müssen. Für die, die das nicht mehr kennen – da sollte man sein Kind am Montagmorgen abgeben und am Freitagnachmittag hätte man es wieder abholen können! Hinter meinem Rücken war von den Herrschaften alles schon geregelt worden und das waren genau ihre Bedingungen für meinen Ausbildungsbeginn – welches Mutterherz hätte das ertragen, ich jedenfalls nicht.
Und wieder war es die Familie, die mich rettete, denn sie wurde zur Fachschule zitiert und musste schriftlich versichern, dass sie mir den Rücken freihalten, damit ich Zeit zum Lernen habe. Alles geschafft und nun darf ich schon 37 Jahre lang in diesem wundervollen Beruf arbeiten und gemeinsam mit meinem Team Wegbegleiter für die jüngsten Menschen von Markersdorf und aus dem näheren Umfeld sein. Viele Berufe versprechen Abwechslung, aber unser Beruf hält dieses Versprechen wirklich, denn jeder Tag ist anders. Wenn auch der Tagesablauf fest geregelt ist, gibt es dazwischen genug Raum für Unerwartetes, Spontanes, Überraschendes und Spannendes! Die strahlenden Kinderaugen geben uns dann genug Dank, Liebe und Freude zurück, denn Kinder sind ehrlich und können ihre Emotionen nicht verstecken.
Auch bekommen wir aus den täglichen Berichten der Weltwirtschaft mit, dass unzählige Berufszweige von der immer mehr zunehmenden Automatisierung bedroht werden, aber wir sind uns sicher: Niemals können Maschinen oder Roboter unseren Beruf ersetzen.
Noch eine Anmerkung:
Wir freuen uns alle riesig, dass wir bald einen schicken und zweckmäßigen Parkplatz ohne Schlaglöcher für die Autos bekommen und die Fahrradfahrer einen sicheren Weg bis zum Unterstellplatz auf dem Schulhof. Sind es doch etwa 250 Kinder und ihre Familien sowie mindestens 40 Beschäftigte, Besucher des Friedhofes, Vereinsmitglieder, die die Turnhalle nutzen und auch die Schulbuslinien, die von der Neugestaltung profitieren werden. Hoffen wir, dass die Leute vom Bau gut durchhalten und wir alle die jetzigen Umstände gut aushalten können.
Nach einem im Schöpsboten vom September 2022 erschienenen Beitrag von Sylvia Rößler.